
Die Schönheit der Vergänglichkeit
Wenn Du jetzt denkst, ich erkläre Dir in diesem Text die Bedeutung von «wabi sabi», muss ich Dich leider enttäuschen. Mit diesem japanischen Begriff lassen sich Bücher schreiben, und ich möchte mich auf einen Newsletter beschränken. Deswegen und weil ich fern davon bin, die Gesamtheit des Begriffes zu erfassen, bescheide ich mich, hier lediglich einen kleinen Aspekt von wabi sabi anzusprechen.
Die sinkenden Temperaturen, das weniger werdende Licht… selbst, wenn man – wie ich – den Herbst besonders gerne hat, dann schwingt doch eine Wehmut mit. Mitunter ist es genau diese Wehmut, die mit wabi sabi zelebriert wird. Abschied, loslassen, verbraucht, Zerfall. Diese Worte sollen nicht Entsetzen oder Angst auslösen, sondern mit einer ihnen innewohnenden Schönheit wahrgenommen werden.
„Alle Dinge sind dazu da, damit sie uns Bilder werden in irgendeinem Sinne.“
Rainer Maria Rilke
Unbeständigkeit und Vergänglichkeit. Es liegt im Auge des Betrachters, darin etwas Schönes zu erkennen.
„… Flussabwärts treiben die Blumen, welche die Kinder gerissen haben im Spiel; aus den offenen Fingern fiel eine und eine, bis dass der Strauss nicht mehr zu erkennen war.“
Rainer Maria Rilke
– Die auf dem Fluss treibenden Blumen sind das Nachhallen eines fröhlichen Kinderspiels.
– Das Abendrot am Himmel schenkt die Zufriedenheit eines vergangenen Tages.
– Das fallende gelbe Herbstblatt ist der Abschied von einem erlebnisreichen Sommer.
– Die kleine Falte, die sich am Augenwinkel bildet, ist die Erinnerung an Stunden der Freude.

„Für den Taoismus ist das, was absolut stillsteht oder absolut perfekt ist, im Grunde genommen tot, denn ohne die Möglichkeit von Wachstum und Veränderung kann es kein Tao geben. In Wirklichkeit gibt es im Universum nichts, das vollkommen perfekt oder vollkommen still ist; solche Vorstellungen existieren lediglich in den Köpfen der Menschen.“
Alan Watts
Wie ein Fluss so steht das Tao nie still. Alles entsteht aus dem Nichts und alles löst sich auf im Nichts.
Die Kunst des wabi sabi verkörpert die Veränderung und die Vergänglichkeit aller Dinge und bringt dies zum Ausdruck. Wenn man wabi sabi erfährt oder erlebt, kann dies zu einer friedvollen Auseinandersetzung mit der Vergänglichkeit des Lebens führen. Und indem wir diese Vergänglichkeit wertschätzen, können wir eine neue, ganzheitliche Sichtweise auf das Leben entwickeln.
Die bekannteste Jahreszeit für Japan ist der Frühling, wenn unzählige Kirschblüten blühen. Die Japaner feiern dabei nicht nur den Frühling, sondern eben auch die innewohnende Vergänglichkeit: Die Blüte ist nur von kurzer Dauer. Und wenn es Blütenblätter schneit, dann schwingt darin auf wunderschöne Art und Weise wieder die Erinnerung an die Vergänglichkeit.
Für Dich:
Anstatt dem schwindenden Licht und den warmen Tagen nachzutrauern, lade ich Dich ein: Suche Dir täglich ein persönliches wabi sabi Bild. Betrachte es eingehend oder halte es auf einem Foto fest. Die Schönheit in der Vergänglichkeit und in der Imperfektion zu erkennen hilft, loszulassen und bringt Ruhe.

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